Die Empfehlungen für die Ernährung schwangerer Frauen decken sich im wesentlichen mit der für gesunde Erwachsene. Einige Bereiche verdienen jedoch vermehrte Aufmerksamkeit. Für schwangere Frauen stellen sich wegen der hormonellen Umstellung und der damit einhergehenden Veränderung des mütterlichen Stoffwechsels besondere Anforderungen an die Ernährung. Zudem muss dem wachsendem Bedarf des Ungeborenen Sorge getragen werden. Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat erhöht sich der Energiebedarf der werdenden Mutter um ca. 20%. Viel stärker als der Energiebedarf steigt jedoch der Bedarf verschiedener lebensnotwendiger Nährstoffe (z. B. Eisen, Calcium, Folsäure, Jod). Statt (mengenmäßig) für zwei zu essen, wie es häufig noch empfohlen wird, ist es sinnvoller, Lebensmittel mit niedrigem Energiegehalt und hoher Dichte an essentiellen Nährstoffen zu wählen, z. B. viel frisches Gemüse, Obst, Vollkornprodukte. Da werdende Mütter zu niedrigen Blutzuckerspiegeln neigen, sollten Kohlenhydrate deshalb besser in komplexer Form, d. h. als Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Gemüse, zugeführt werden. Mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt gleichen Blutzuckerschwankungen besser aus.
Um den erhöhten Eisenbedarf zu decken, ist ein bis zweimal wöchentlich eine Fleischbeilage eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplanes. Wegen des geringeren Fettgehaltes bieten sich Rindfleisch und mageres Geflügel an.
Insbesondere in den ersten Schwangerschaftsmonaten leiden viele Frauen unter Übelkeit oder Heißhungerattacken. Manchen Frauen hilft es, schon morgens im Bett ein paar Kekse oder Zwieback mit (Kräuter-) Tee zu knabbern, um die Übelkeit zu mildern. Ein gesunder Weg, Heißhungerattacken zu begegnen, können Nüsse, Studentenfutter, süßes Obst oder Trockenobst sein. Gegen Sodbrennen hilft oft schon ein Glas kalte Milch oder das gründliche Kauen von Nüssen. Heilerde als Pulver oder Kapseln kann ebenfalls überschüssige Magensäure binden.
Getränke
Eine reichliche Flüssigkeitszufuhr ist in der Schwangerschaft wichtig. Zwischen anderthalb und zwei Liter sind optimal (in seltenen Fällen kann die Menge nur in Absprache mit der Arztin/dem Arzt gesenkt werden) und entlasten die Nieren, die in der Schwangerschaft vermehrt gefordert sind. Eine jetzt großzügig bemessene Trinkmenge hat zudem den Nebeneffekt, dass frau sich an die Flüssigkeitsmenge gewöhnt, die in der Stillperiode erforderlich ist. An Getränken bieten sich Mineralwässer und ungesüßte Kräuter- und Früchtetees an. Kaffee, schwarzer Tee und Kakao vermindern wegen ihres Gerbsäuregehaltes die Mineralstoffaufnahme (Eisen!). Wenn überhaupt, werden diese Getränke besser zwei Stunden nach den Mahlzeiten getrunken. Ein zu hoher Kaffeekonsum kann mit einem verminderten Geburtsgewicht des Kindes einhergehen. Größere Mengen an Kaffee sollten deshalb ebenso wie Alkohol in der Schwangerschaft gemieden werden.
Eisen
Eisen wird benötigt für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) der roten (Erythrozyten). Die roten Blutkörperchen transportieren den Sauerstoff. Ein Mangel an Hämoglobin wird als Blutarmut oder Anämie bezeichnet. Eine Anämie geht einher mit Blässe, Müdigkeit, mangelnder Leistungsfähigkeit und Infektanfälligkeit. Zudem leidet die Entwicklung des Ungeborenen bei einer Anämie der Mutter.
Frauen im gebärfähigen Alter sind generell anfällig für eine Anämie durch den monatlichen Blutverlust (Menstruation) oder den vermehrten Bedarf in der Schwangerschaft.
Eisen findet sich in rotem Muskelfleisch und Eigelb. Aber auch Vegetarierinnen können ihre Eisenversorgung sichern. Getreide ist relativ reich an Eisen, Hirse ist dabei der „Spitzenrenner“, Gemüse wie z. B. Rote Bete sind ebenfalls reich an Eisen. Generell sind alle roten Früchte und Gemüse reich an Eisen, da die Natur relativ wenig Möglichkeiten hat, die Farbe rot zu erzeugen und dabei meistens Eisen benötigt. Die Eisenaufnahme aus pflanzlichen Produkten kann erhöht werden, indem gleichzeitig Obst (z. B. Apfel oder Zitrusfrüchte) mit verzehrt wird, da durch die Obstsäure pflanzliches Eisen in eine leichter resorbierbare Form überführt wird. Milchprodukte hingegen verschlechtern die Eisenaufnahme, da Milch schwer resorbierbare Komplexe mit Eisen bildet. Schwarzen Tee kann man geradezu als „Eisenräuber“ bezeichnen. Schon in Hinblick auf die Stillzeit empfiehlt es sich, den Genuss von schwarzem Tee einzuschränken.
Calcium
Calcium ist wichtig für den Stoffwechsel der Knochen. Schwangerschaft und Stillzeit sind eine Belastung für den Calciumstoffwechsel der Mutter. Was die Mutter an Calcium nicht aufnimmt, wird ihren Knochen entzogen.Am einfachsten ist der Calciumbedarf über Milchprodukte (Vorsicht mit Rohmilchprodukten) zu decken. Ein dreiviertel bis ein Liter Milch oder die entsprechende Menge an Milchprodukten sind empfehlenswert. Falls das nicht möglich ist, kann über calciumreiches Mineralwasser die Aufnahme gesteigert werden. Ebenfalls calciumreich sind Hülsenfrüchte, Gemüse wie Broccoli, Mangold oder Grünkohl und Samen wie z. B. Sesam.
Jod
Jod ist ein Spurenelement, das für die Schilddrüsenhormone benötigt wird. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen beeinträchtigt die Stoffwechselfunktionen erheblich. Salopp formuliert wird der ganze Mensch schwerfällig und träge. Er friert rasch und ist antriebsarm. Deutschland ist ein Jodmangelgebiet (Ausnahme: Küstenregionen).
Schwangere haben einen erhöhten Bedarf an Jod. Ein Jodmangel kann sich nicht nur an einer Vergrößerung der Schilddrüse zeigen, sondern hat für Schwangere noch schwerwiegendere Folgen. Ein Jodmangel des ungeborenen Kindes beinträchtigt seine Entwicklung weitreichend. Die Neugeborenen zeigen eine verlängerte Neugeborenengelbsucht, sind trinkfaul und bewegungsarm. Wenn die Diagnose nicht frühzeitig gestellt wird, kann sich das Vollbild des Kretinismus (dysproportionierter Zwergwuchs mit Intelligenzeinschränkung) entwickeln. Die Diagnose ist jedoch einfach zu stellen. In Deutschland werden alle Neugeboren am 5. Lebenstag daraufhin untersucht (Fersenblutentnahme durch die Hebamme oder eine Arztin/Arzt). Bei frühzeitiger Therapie entwickeln sich diese Kinder normal.
Jod ist reichlich enthalten in Meeresfischen. Fisch sollte regelmäßig (2-3mal pro Woche) auf dem Speisezettel schwangerer Frauen stehen. Zudem ist die Verwendung von Meersalz oder jodiertem Speisesalz für alle Bevölkerungsgruppen empfehlenswert. Aber auch mit diesen Maßnahmen ist der Bedarf an Jod meistens nicht ausreichend gedeckt, so dass in der Schwangerschaft und Stillzeit die zusätzliche Gabe von Jod in Tablettenform empfehlenswert ist. Bitte sprechen Sie dieses Thema mit Ihrer Frauenärztin/-arzt an.
Folsäure
Folsäuremangel ist der in Europa und Nordamerika häufigste Vitaminmangel, oft kombiniert mit Eisenmangel in der Schwangerschaft. Die Folsäure kommt vor in Vollkornprodukten, Gemüsen und Milchprodukten. Obstsorten wie Erdbeeren, Kirschen, Trauben und Orangen sind ebenfalls reich an Folsäure.
Folsäure ist licht- und hitzeempfindlich, d. h. die Nahrung muss schonend zubereitet werden, da sonst der Folsäuregehalt auf einen Bruchteil ansinken kann (beste Garmethode: dämpfen in wenig Wasser). Durch Lagerung ohne ausreichende Kühlung kann ebenfalls der Folsäuregehalt sinken.
Folsäure ist ein Vitamin aus der B-Reihe. Es ist wichtig für den gesamten Stoffwechsel, das blutbildende System und das Nervensystem. Neuere Untersuchungen stützen die Vermutung, dass eine gute Versorgung mit Folsäure in der Frühschwangerschaft das Risiko für Neuralrohrschäden, d. h. einen offenen Rücken des Kindes mindert. Von einigen FrauenärztInnen wird schon einige Monate vor der Empfängnis einschließlich der ersten Schwangerschaftsmonate die Gabe von Folsäure empfohlen.
Vorsicht vor Toxoplasmose und Listeriose
In der Schwangerschaft bedeutsame Infektionskrankheiten, die durch Lebensmittel übertragen werden, sind die und die Listeriose.
Die Toxoplasmose ist in der Regel eine harmlose Erkrankung. Oft wird sie gar nicht bemerkt. Der Durchseuchungsgrad der Bevölkerung beträgt 60-80%. Meist verläuft die Toxoplasmose unspezifisch. Es können Fieberschübe auftreten oder Lymphknotenschwellungen.
Eine Erstinfektion in der Schwangerschaft kann jedoch für das ungeborene Kind gefährlich werden. Übertragungswege sind Tröpfchen- oder Schmierinfektion oder Nahrungsmittel. Als mögliche Überträger kommen Katzen in Frage (insbesondere Vorsicht beim Säubern des Katzenklos). Ein weiterer Infektionsweg ist über rohes Fleisch möglich. Das gilt für Mett, Tartar, roher Schinken, nicht durchgebratene Steaks und ähnliches.
Bei Verdacht auf diese Erkrankung sollten unbedingt Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Frauen, die seronegativ sind, d. h. die noch keinen Kontakt mit Toxoplasmose hatten, sollten im Verlauf der Schwangerschaft den Bluttest wiederholen lassen (diese Blutuntersuchung wird eventuell nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt, sie ist aber eine sehr sinnvolle Untersuchung; sprechen Sie bitte dieses Thema bei Ihrer Frauenärztin/-arzt an).
Die Listeriose ist eine bakterielle Infektion, die vor allem durch Rohmilchprodukte übertragen wird. Darunter fallen neben Roh- oder Vorzugsmilch Rohmilchkäse.
Die Listeriose kann das ungeborene Kind schädigen. Die Listeriose ist im Verlauf oft stumm oder zeigt grippeähnliche Symptome. Falls eine Infektion durch eine Blutuntersuchung festgestellt wird, ist eine antibiotische Behandlung der Schwangeren sinnvoll.
Dr. Sybille Fritsch
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