Unverträglichkeiten der Blutgruppen von Mutter und Kind können das Rhesus- und AB0-System betreffen. In beiden Fällen kommt es zur Hämolyse und zum Bild des Morbus haemolyticus neonatorum.
Rhesuserythroblastose
Rhesusunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind. Bei der Konstellation Rh-negative Mutter und Rh-postives Kind kann es gegen Ende der Schwangerschaft (bei Geburt oder Fehlgeburt) zum Übertritt von kindlichen Rh-positiven Erythrozyten in den Blutkreislauf der Mutter kommen. Die Mutter bildet daraufhin gegen diese Erythrozyten Antikörper, die bei einer zweiten Schwangerschaft über die Plazenta in den fetalen Blutkreislauf gelangen können und dort die Rh-positiven Erythrozyten des Kindes binden und schädigen.
Klinik:
Es kommt zur Hämolyse (Auflösung) der kindlichen Erythrozyten mit charakteristischen Symptomen. Während bei leichtem Verlauf nur eine geringgradige Anämie besteht, findet sich bei schwerem Verlauf:
- schwerer Ikterus (freiwerdendes Bilirubin aus Erythrozytenabbau)
- Kernikterus (Einlagerungen von Bilirubin in das Gehirn) mit Bewegungsstörungen, spastischen Lähmungen und geistiger Behinderung
- generalisierter Hydrops (Plasmaaustritt in Gewebe und Körperhöhlen), in der Regel tödlich verlaufend
Diagnostik:
Neben der Bestimmung von Antikörpern im Serum hilft vor allem die Bestimmung des Bilirubingehaltes im Fruchtwasser bei der Diagnose einer Rhesusunverträglichkeit. Mit Hilfe der spektrometrischen Fruchtwasseruntersuchung wird der Bilirubingehalt unddamit das Ausmaß einer Hämolyse der Erythrozyten bestimmt. Diese Untersuchung wird bei begründetem Verdacht regelmäßig 2-wöchig wiederholt.
Therapie:
Die therapeutischen Maßnahmen sind abhängig vom Ausmaß der Hämolyse und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung.
Fototherapie
Bestrahlung des Neugeborenen mit Licht, das den Abbau des Bilirubins beschleunigt.
= Mittel der Wahl bei leichten Verläufen
Austauschtransfusion
Austausch der kindlichen RH-pos. Erythrozyten durch RH-neg. Erythrozyten. Diese Transfusion ist bereits während der Schwangerschaft durch Infusion des Spenderblutes in die Bauchhöhle des Feten möglich (intrauterine Transfusion).
= Mittel der Wahl bei schweren Verläufen
Prophylaxe:
Durch Gabe von Rhesusantikörpern (Anti-D-Globulin) werden die ins mütterliche Blut eingeschwemmten Rhesus-positiven Erythrozyten abgebaut, bevor die Mutter mit der Bildung von eigenen Antikörpern beginnen kann.
ABO-Erythroblastose
Unverträglichkeit im AB0-Blutgruppensystem bei Müttern mit der Blutgruppe 0 und Kindern mit der Blutgruppe A oder B. Im Gegensatz zur Rhesuserythroblastose kann die Unverträglichkeitsreaktion bereits in der ersten Schwangerschaft auftreten, verläuft aber immer wesentlich milder als eine Rhesusunverträglichkeit. Meist zeigt sich nur eine leichte Anämie, Todesfälle kommen praktisch nicht vor. Zur Behandlung genügt die Bestrahlung mit Licht zur Förderung des Bilirubin-Abbaues.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Haus&Groß
aus der Weißen Reihe „Gynäkologie und Geburtshilfe“ Band 7, 1999.